Die Klais-Orgel
Ebenso bewegt wie die Geschichte der Rotenburger Stadtkirche (1. Kirchenbau 1192, jetziger 5. Kirchenbau von 1862, Turm von 1752) ist die Geschichte ihrer Orgeln. Bereits 1608 wird eine Orgel erwähnt, deren Gehäuserahmen heute noch im Bremer Focke-Museum besichtigt werden kann. Dieses Orgelgehäuse ist ein Werk des damals bekannten Hamburger Bildhauers Münstermann. Die Orgel selbst stammte von Hans Scherer, einem Vorläufer des berühmten Arp Schnitger.
1687 wurde von der zerstörten Scherer-Orgel das Gehäuse übernommen und von dem Bremer Orgelbauer Corthumb ein Werk mit zwei Manualen und 13 Registern erstellt. Es gilt als sicher, dass der heute noch unvergessene Komponist und Organist Vincent Lübeck aus Stade zur Begutachtung dieser Orgel herangezogen wurde. Beim Abbruch der Kirche 1860 blieb wiederum nur das münstermannsche Gehäuse erhalten. 1866 baute die Firma Furtwängler und Hammer aus Hannover eine neue Orgel. Diese Orgel thronte hoch oben über der Gemeinde über den "Orgelboden". Ihr Klang fiel tief hinunter in das Kirchenschiff und füllte den Kirchenraum. 1927 wurde eine Chorempore eingebaut, denn die Kirchenmusik hatte sich entwickelt und die Chöre brauchten ihren Platz in der Kirche. Für die Orgel war dieser architektonische Eingriff wenig vorteilhaft - die Abstrahlung des Klanges wurde durch die vorgeschobene Empore empfindlich gestört.
Seit 1945 erfolgten zahlreiche Eingriffe und Reparaturen an der Orgel - schließlich entschloss man sich 1979 zu einem Neubau, der 1983 von der Firma Klais aus Bonn vollendet wurde.
Die neue Orgel steht in dem unter Denkmalschutz stehenden Gehäuse des Rotenburger Tischlers Ernst Rinck aus dem Jahre 1865. Dieses kunsthandwerkliche Meisterwerk ist aus massivem Eichenholz gefertigt und wurde, um die neue Orgel unterbringen zu können lediglich in der Höhe verändert und mit einem neuen Sockel versehen. Die Orgel steht nun auf der Chorempore - somit ist für eine ausreichende und gute Klangabstrahlung gesorgt.
Die Orgelfassade im neugotischen Stil besteht aus flächigen Hauptfeldern, die durch schlanke Säulen mit nachgestalteten korinthischen Sockeln und Köpfen eingefasst sind. Diese Pfeifenfelder sind mit den Zinnpfeifen des Principal 8', der Octave 4' und der schlanken Gamba 8' ausgefüllt. Über den Säulen stehen die reichgeschnitzten Türme, die sich in den Gewölbebogen der Westempore einfügen und deren Zentrum durch eine Rosette gestaltet ist. Der neu gestaltete Sockel, das tragende Fundament der Orgel, nimmt den Prospekt in zwei geschwungenen Ohren auf und überträgt die oberen Pfeifenfelder in Rahmen und Füllungen zu einem schlanken Unterbau, in den sich der Spielschrank mit seinen aus Edelhölzern und Elfenbein gedrechselten Registerzügen einfügt.
Die Disposition enthält 36 Register, verteilt auf Hauptwerk, Oberwerk und Pedal. Das Oberwerk steht über den Pfeifen des Hauptwerkes von außen nicht sichtbar und wurde als Schwellwerk gebaut. Spiel- und Registertraktur sind rein mechanisch, wobei die Registeranlage gleichzeitig an eine elektronisch steuerbare Setzeranlage angeschlossen ist, die direkt auf die Mechanik wirkt. Die Setzeranlage hat mittlerweile durch den Einbau eines Computers 640 speicherbare Kombinationen.